Aus privaten, aber schönen, Gründen lasse ich mein Mandat in der Bezirkvertretung Innenstadt / Deutz nächstes Jahr zur Kommunalwahl „auslaufen“ und trete nicht mehr an.
Zeit für eine kleine Zwischen-Fast-Ende-bilanz!
Quereinstieg in die Kommunalpolitik
Dass das Kapitel „Bezirksvertretung“ in absehbarer Zeit vorbei ist, ist glaube ich auch gut so. Fünf Jahre sind schon eine ganz ordentlich lange Zeit, genug um zu verstehen, nach welchen Regeln (grüne) Kommunalpolitik funktioniert. Zeit genug, Akzente zu setzen und auch die ersten Früchte der eigenen Arbeit zu sehen. Aber kurz genug, um sich noch den „Außen-Blick“ zu bewahren.
Von „Außen“ komme ich, weil zwar schon länger Parteimitglied, aber dort eigentlich nie aktiv. Mein Weg lief aus der „Initiativenwelt“ direkt in das kommunalpolitische Mandat.
Geprägt hat mich in den Jahren zum einen sicher die Arbeit in der Fraktion. Bunt zusammengewürfelt, zwischen neuem Elan und Abgeklärtheit, muss man sagen: Das System funktioniert, insgesamt. Auch und gerade wenn’s innen manchmal knallt und knirscht, bleibt doch nach außen Geschlossenheit und ein Vertrauen, dass Entscheidungen auch gemeinsam vertritt.
Solidarität ist, wenn das Zusammenstehen auch mal weh tut.
Persönlich schade finde ich, dass nicht alle ihren Platz in der Fraktion gefunden und manche diese verlassen haben.
Kommunalpolitik ist dabei, trotz Aufwandsentschädigung, Ehrenamt. Und mit der Zeit ist der Respekt für alle gewachsen, die teils über viele Jahre hinweg Fachgespräche, Ortstermine und Fraktionssitzungen in ihren Kalender quetschen.
So inspirierend die Zeit war, die vielen Termine, die Arbeit an Anträgen – all das neben einem „normalen“ Job, das zehrt auf Dauer und es gibt Dinge, die drunter leiden. Zumindest, wenn man das Mandat ernst nimmt und auch Akzente setzen will. Und so freue mich auch auf ein bisschen mehr Freiräume.
Längst nicht alles – Screenshot aus dem „Orte und Themen“-Ordner.
Was hat’s gebracht – Mobilitätswende & Co!
Als Bezirksvertreter ist man ja „am unteren Ende“ der politischen Hierarchie.
Positiv gewendet: Man hat viel Freiheit im kleinen und kann Erfolge auch konkret sehen. Es geht weniger um Masterpläne, als um das pragmatische Problemlösen, auch über politische Grenzen hinweg.
Die Herausforderung bleibt, die „oberen Ebenen“ mitzudenken – zuerst die Ratspolitik, aber auch bundes- und landespolitische Vorgaben. Bei der Trankgasse hat der Verkehrsausschuss unseren Impuls aufgenommen (Ganz und komplett unironischen Dank an die SPD!), bei anderen Themen hemmt zum Beispiel die verschleppte und zögerliche StVO-Reform (Danke für wenig, Volker Wissing).
Autofreie Ehrenstraße
Autofreie Trankgasse
Wirklich sichtbar tatsächlich die verkehrspolitischen Impulse, die wir als Bezirksvertretung auf der Ehrenstraße, Breite Straße, dem Eigelstein und der Trankgasse setzen konnten. Außer beim Eigelstein lagen hier „Beschluss und erste Umsetzung“ in der gleichen Periode. Hier zeigt sich, was progressiv-grüne Mehrheiten bewirken können, bis hin zum Guardian. Auch wenn wir noch auf Umbauten warten oder noch Finetuning zum Verhältnis von Rad- und Fußverkehr ansteht.
Viel von dem, was ansonsten „auf der Straße“ passiert ist, hat seine Wurzeln übrigens in „Vorarbeiten“. Am Radverkehrskonzept Innenstadt (RVKI) hat ja primär die Fraktion der letzten Ratsperiode, die Verbände und Vereine und die Verkehrsplaner „damals“ gearbeitet. Schön war es aber, jetzt die Umsetzungspläne zu begleiten und zu kommentieren. Und gleichzeitig mit Beschlüssen in die Zukunft zu denken und Planungsaufträge zu erteilen, ob im Kleinen aktuell am Claude-Letist-Platz oder im Großen beim Circulatie-Plan.
Vorerst „oh hold“ ist die Deutzer Freiheit – statt Warten auf Godot gibt’s hier das Warten auf die Mediation. Und wenn nicht alles glatt lief, doch spannend:
Wie bringen wir den sozialen Frieden im Veedel mit Transformationspojekten übereinander?
Wie geht man mit robustem, auch lautstarken Widerstand um, ohne sich erpressen zu lassen? Die Mediation ist ein Versuch (und klar ist: 2 und 3 werden autofrei).
Nicht nur Mobilität!
Klar stand das Thema Mobilität im Vordergrund – aber Kommunalpolitik ist ja breiter.
Inspiriert haben mich auch kultur- und erinnerungsspolitische Debatten. Die Umbennung der M-Straße zur „Gregorius-Maurus-Straße“, der Anstoß für das Armenier-Denkmal samt Großsitzung waren mir auch persönlich wichtig.
Klar ist das „Symbolpolitik“ – aber sind Symbole unwichtig?
Und klar stößt das nicht nur auf Gegenliebe – aber soll man es dann bleiben lassen? Und klar schaffen wir mit Umbenennungen koloniales Unrecht und Rassismus nicht ab – aber setzen doch ein Zeichen?
Auch Natur- und Baumschutz standen öfter auf der Tagesordnung, auch bei der Verhandlung um einzelne Bäume. Manche Bäume sind krank, andere müssen für dringend notwendige Schul(Interims)Bauten weichen. Die „Polykrise“ zeigt sich auch im kleinsten vor Ort und ich glaube, dass wir insgesamt ein ganz gute Balance gefunden haben.
Offene Baustellen
Manche Baustellen bleiben, mindestens für das letzte halbe Jahr, wahrscheinlich auch über die Wahlperiode hinaus.
Den Ausbau der Fuß- und Radbrücke an der Hohenzollernbrücke hat die Forza CDU gestoppt und die Verwaltung jetzt, konsequenterweise, runterpriorisiert. Auf der Deutzer Brücke gibt es immer noch keinen Radweg, am Ebertplatz noch keine Spurumwidmung.
Die Trankgasse ist zwar einigermaßen autofrei – aber natürlich noch nicht so umgestaltet, wie wir das beschlossen haben und uns wünschen. Auch gibt es leider keine Fahrradständer mehr, die es am Hauptbahnhof natürlich dringend braucht.
Auch die Absperrung an Zülpicher Straße und Uniwiese zu Karneval bleiben ein ungebliebtes Muss. Auch Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene haben ein Recht auf den öffentlichen Raum, auf Feierei, und das muss nicht jedem*r altgedienten Karnevalist*in gefallen. Gleichzeitig muss die Sicherheit gewahrt werden und die Anwohner*innen sowie der Grüngürtel geschützt werden.
Das passt alles nicht perfekt zusammen, die Frage ist aber, wie tragfähige Kompromisse aussehen.
Die Lindenstraße wartet auf die Einbahnstraße bzw. die Verlegung des Radweges auf die Straße, die Ost-West-Achse auf eine Entscheidung. Die Milieusschutzsatzung im Rathenauviertel wurde per Studie als rechtlich unzulässig erklärt und fand keine politische Mehrheit.
Köln bleibt an vielen Stellen dreckig – selbst so einfache Dinge wie, von uns beschlossene, größere Mülleimer finden den Weg in die Praxis nicht oder viel zu langsam.
Endspurt für die Innenstadt!
In 2025 bleibt noch Zeit für ein paar Anträge – wenn ihr Anliegen und Ideen habt, gerne her damit!
Danach bleibt vielleicht ja auch nach der Wahl ein Engagement als „Sachkundiger Einwohner“ oder an andere Stelle – und mehr Zeit, um über die autofreie und vielleicht auch irgendwann wirklich umgestaltete Ehrenstraße zu schlendern (oder Musik zu machen und wieder mehr zu reisen).
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